Simson – eine Geschichte über Fortschritt und Leidenschaft
In der DDR waren die Simson Mokicks und Roller weit verbreitet. Und auch heute noch sieht man die kultigen Zweiräder durch Stadt und Land düsen. Welche Stationen hinter der Simson Geschichte stecken, die dunkle sowie die Blütezeit des Suhler Herstellers und woher der Kult kommt, erzählen wir Ihnen nachstehend.
Übrigens: jedes der knapp 300.000 Simson Mopeds, die Sie auch heute noch auf den Straßen finden, erzählt seine ganz eigene Geschichte vom DDR-Kult. Möchten Sie mehr über die einzelnen Modelle erfahren? Dann stöbern Sie gerne auf unserer Website – hier beleuchten wir vor allem die technischen Besonderheiten der Kleinkrafträder.
Simsons Anfänge (1740 – 1911)
Die Geschichte der traditionsreichen Zweitakter begann in Thüringen. Andreas Bauer wandelt 1740 eine Schneidemühle in Suhl mit kurfürstlicher Konzession zu einem Stahlhammer um, in dem das regionale Eisenerz zu wertvollem Stahl verarbeitet wurde. Im Jahre 1854 erwarben die Brüder Löb und Moses Simson zunächst ein Drittel des Unternehmens und gründeten 1856 die Firma Simson & Co. Sie setzten weiterhin auf die Herstellung von Holzkohlenstahl, der in erster Linie für die Produktion von Jagd- und Militärwaffen, insbesondere für die preußische Armee, Verwendung fand.
Die Einführung der ersten Dampfmaschine im Jahr 1871 markierte einen Wendepunkt. Simson erhielt Staatsaufträge zur Waffenproduktion und wurde zu einem wichtigen Akteur in der Industrie. Die Produktion von Militärgewehren und später von Jagdwaffen festigte Simsons Position. Ab 1896 erweiterte Simson seine Palette und fertigte Fahrräder nach englischen Vorbildern.
Bald darauf entwickelte sich das Unternehmen zu einem der größten Fahrradproduzenten. Die ersten Erfolge in der Entwicklung von Personenkraftwagen erhofften sich die Suhler Konstrukteure ab 1907 und überraschten 1911 mit dem Bau des ersten marktfähigen Modells, dem Simson A.
Simson überlebt zwei Weltkriege (1914 – 1945)
Während des Ersten Weltkrieges erlebte Simson ein beachtliches Wachstum auf knapp 3.500 Beschäftigte und fertigte eine Vielzahl von Kriegsgütern. Nach dem Krieg 1918 wurde die Waffenproduktion eingestellt, doch das Unternehmen sicherte sich einen Monopolvertrag mit der Reichswehr für die Lieferung von Waffen und Geräten. Auch die Automobilbranche beschert Simson Erfolge: als „Spitzenerzeugnis“ ging 1924 der Simson Supra in die Serienproduktion über. Die Monopolstellung als offizieller Waffenlieferant und Erfolge im Rennsport halfen dem Hersteller, die Weltwirtschaftskrise glimpflich zu überstehen.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten initiierte der thüringische Gauleiter Fritz Sauckel ein Untersuchungsverfahren gegen das jüdische Unternehmen Simson & Co KG, das zu einem Schauprozess in Meiningen gegen Arthur Simson und andere Führungskräfte wegen vermeintlicher "Übervorteilung des Reiches" führte. Ein Jahr später wurden die Inhaftierten mangels Beweise in allen Anklagepunkten freigesprochen. Doch schon im September 1933 hatte Simson das Unternehmen verpachtet, um den jüdischen Familiennamen aus dem Firmennamen zu tilgen. Herbert Hoffmann, ein Berliner Kaufmann und NSDAP-Mitglied, übernahm als Treuhänder die Kontrolle über das Unternehmen mit dem neuen Namen „Berlin-Suhler Waffen- und Fahrzeugwerke GmbH“.
Ab dem 1. September 1934 wurde die Automobilproduktion zugunsten der Rüstungsproduktion eingestellt. Im August 1935 erwirkte Sauckel ein weiteres Verfahren vor dem Oberlandesgericht Jena, das mit einer saftigen Geldbuße endete. Unter Zwang mussten Julius und Arthur Simson auf das Werk verzichten, das daraufhin am 28. November 1935 auf Fritz Sauckel übertragen wurde. Die Familie Simson floh 1936 in die Schweiz und emigrierte schließlich in die USA. Das übertragene Vermögen bildete den Grundstock für die 1936 gegründete „Wilhelm-Gustloff-Stiftung“. Unter dem Namen BSW 98 und ausgestattet mit einem 98 ccm-Sachsmotor lief in Suhl das erste motorisierte Zweirad als Motorfahrrad vom Band.
Doch mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Produktion von Fahrrädern, Kinderwagen und Motorrädern zugunsten der Waffenproduktion eingestellt. Unter dem Namen „Gustloff-Werke - Waffenwerk Suhl“ fertigten 6.000 Mitarbeiter in mehreren Produktionsstätten (z. B. Schmiedefeld am Rennsteig, Meiningen und Greiz) verschiedene Kriegswaffen wie Karabiner, Maschinengewehre und leichte Flugabwehrkanonen.
Der Umsatz mit militärischen Erzeugnissen betrug 1940 knapp 43 Millionen Reichsmark, während die zivile Produktion, die im folgenden Jahr eingestellt wurde, nur etwa 3,3 Millionen Reichsmark erwirtschaftete.
Nachkriegs-Transformation: Wie aus Waffen Vögel wurden (1945 – 1964)
Nach dem Zweiten Weltkrieg nannte sich das Suhler Werk erneut in „Simson & Co.“ um und wurde von den Alliierten als Rüstungsbetrieb klassifiziert. Im Jahr 1945 wurde Simson einem Sequester unterstellt und im folgenden Jahr größtenteils demontiert. Über 4.300 Maschinen gingen als Reparationsleistungen in die Sowjetunion.
Die verbleibenden knapp 900 Anlagen wurden für die Produktion von Jagdwaffen, Kinderwagen und ersten Nachkriegsfahrrädern genutzt. Auch diese gingen größtenteils als Reparationsleistungen in die Sowjetunion. 1946 erhielt der Betrieb den Namen "Simson & Co. Suhl, Fahrradfabrik der sowjetischen Aktiengesellschaft für Spezialmaschinenbau" und ein Jahr später wurde er in "Staatl. Aktiengesellschaft "Awtowelo" Werk vorm. Simson & Co.; Suhl (Thür.)" umbenannt. Im Jahr 1948 wurden insgesamt 45.787 Fahrräder, 14.979 Jagdgewehre, 1.942 Kinderwagen, 4.620 Kindersportwagen und 1.943 Kinderdreiräder produziert. Ende 1948 erhielt das Werk von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) den Befehl zur Entwicklung eines Motorrads mit einem 250-cm³-Viertaktmotor, das zur Nutzung mit Beiwagen geeignet war.
Die Produktion begann bereits 1950 und bis 1961 wurden etwa 210.000 Stück der neuen AWO 425 hergestellt. Am 1. Mai 1952 wurde der Betrieb als „VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl“ Teil des späteren IFA - Industrieverband Fahrzeugbau der DDR. Die AWO 425 wurde nun Simson 425 (im Volksmund “Dampfhammer”) genannt. 1955 wurde die Bühne frei für den Auftritt des ersten Kleinkraftrads, das Simson Moped SR 1, angetrieben von einem leistungsstarken 50ccm-Rheinmetall-Motor RH50 mit einer Kraft von 1,1 kW (1,5 PS) bei 5.000 U/min.
Innerhalb der nächsten zwei Jahre fanden über 150.000 SR 1 ihren Weg auf die Straße, sowohl im In- als auch im Ausland. Gleichzeitig dazu rollte ab 1956 auch das neue Sportmodell der Simson 425, die Simson-Sport 425 S, von den Suhler Fertigungsbändern. 1957 kam der SR 2 auf den Markt. Dicht gefolgt, nur ein Jahr später, vom ersten Kleinroller, dem KR 50. Mitte 1959 feiert der Suhler Hersteller einen bedeutenden Meilenstein: das 500.000. Simson Mopeds.
1960 markierte den Start des Modells SR 2E. In diesem Jahr erreichte die Produktionsstätte mit insgesamt 184.254 Fahrzeugen, darunter 23.100 Motorräder, einen bisherigen Höhepunkt in der Zweiradproduktion. Dabei führte der SR 2E mit 139.000 gefertigten Fahrzeugen die Rangliste an. Zusätzlich wurde das Plansoll von 7.000 Jagdgewehren erfüllt. Das Jahr 1961 brachte tiefgreifende Veränderungen mit sich: die DDR entschied die ausschließliche Motorradproduktion durch MZ, so dass in Suhl nur noch die Herstellung von Mopeds und anderen Kleinkrafträdern fortgesetzt wurde.
Zur gleichen Zeit befand sich die vielversprechende Vogelserie noch voll in der Entwicklungsphase. Diese eher schmale Prognose veranlasste zwar einige qualifizierte Fachkräfte, das Simson Werk zu verlassen, doch bereits im September 1962 verließ das einmillionste Kleinkraftrad die Produktionsstätte. Insgesamt produzierten die Suhler Fahrzeugbauer in diesem Jahr 212.613 Motorräder, darunter 127.867 Simson 425 und 84.746 Simson 425S.
Blütezeit der Simson-Mopeds: die Vogelserie (1964 – 1975)
Die KR 51 „Simson Schwalbe“ läutete im Februar 1964 als erster zweisitziger Kleinroller mit einem brandneuen Simson-Motor und Dreigangschaltung die Ära der erfolgreichen Vogelserie ein. Der kraftvolle 50ccm-Zweitakter, gebläsegekühlt und mit einer Leistung von 3,4 PS, ließ die Schwalbe auf bis zu 60 km/h beschleunigen. Doch auf der Leipziger Frühjahrsmesse stahlen der Schwalbe zwei weiteren Neuerscheinungen aus dem Hause Simson fast die Show: Spatz SR 4-1 und Star SR 4-2.
Auch die Sportabteilung war fleißig: 1964 gewannen die Simson GS 50 und die GS 75 die Silbervase bei der 39. Internationalen Sechstagefahrt im Thüringer Wald. Bei den Modellen handelte es sich um „entfesselte“ Kleinkrafträder, die jedoch entsprechend der Höchstgeschwindigkeit trotz des Hubraums von 50-ccm in der DDR als Motorrad eingestuft wurden. Auch 1966 ging es leistungsstark weiter: der Sperber SR 4-3 war ausgestattet mit einem kraftvollen fahrtwindgekühlten 4,6 PS-Motor mit fußgeschaltetem Vierganggetriebe und einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Um die Mopedproduktion zu steigern, wurde zeitweise die Waffenproduktion in das "VEB Ernst-Thälmann-Werk Suhl" verlagert. Jedoch wurden die Betriebe Anfang 1969 wieder zusammengeführt und fortan als VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk "Ernst Thälmann" betrieben.
Da sich dieser doch lange Name schlecht auf die Motoren prägen ließ, entschied sich Gestalter Karl Clauss Dietel für den ihm noch bekannten Namen „Simson“ in englischer Schreibschrift. Eine Tradition, die sich bis heute wacker auf Merchandise und den Fahrzeugen selbst hält. Fluch und Segen waren die Kombinate, Zusammenschlüsse mehrerer Betriebe in einem bestimmten Industriezweig, die 1970 in großer Häufigkeit zur wirtschaftlichen Organisation in der DDR genutzt wurden. Auch Simson war betroffen und formierte sich zusammen mit MZ und dem Mifa Werk Sangerhausen zum „IFA-Kombinat Zweiradfahrzeuge“. Bei dieser Zusammenlegung sollten die Produktionskapazitäten, das Fachwissen und die Ressourcen der verschiedenen Unternehmen gebündelt werden. Besucher der Leipziger Herbstmesse staunten im gleichen Jahr über einen neuen „Vogel“, den Habicht SR 4-4.
Anders als beim Vorgänger Sperber reichte hier wieder ein Mopedführerschein, um den gedrosselten Motor mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zu fahren. Bei diesem Kleinkraftrad im Motorrad-Design lag der Fokus hauptsächlich auf dem westlichen Markt, so dass er die Export-Bezeichnung „Star de Luxe“ erhielt. Nicht ganz so gut kam das erste Simson Mofa SL 1 aus dem Jahr 1970 an. Bis 1972 wurden lediglich 60.233 Mofas verkauft, was den zentralen Entscheidungsträgern in Berlin als zu gering erschien. Daher wurde die Produktion eingestellt.
Eine neue Generation und das offene Prinzip (1975 – 1990)
Die erste S50 erblickte 1975 das Licht der Welt und verkörperte das sogenannte „Offene Prinzip“ von Karl Clauss Dietel. Hintergrund war, dass alle Bauteile so miteinander verbunden sein sollten, dass sie bei Verschleiß oder technischer Innovation austauschbar sind – ein Plädoyer für Langlebigkeit. 1976 begann die Produktion des neuen Modells S 50 B1, gefolgt von der S 50 B2 mit wartungsfreier, unterbrechungsfreier, elektronischer Zündung.
Im Jahr 1980 ging die S51 in Serie, gefolgt vom neuen Schwalbe-Modell KR 51/2. Diese Modelle verfügten über das komplett neu entwickelte Triebwerk M 531/541 mit optional 3- oder 4-Gang-Ziehkeilgetriebe, Tellerfederkupplung und verbesserten Verbrauchs-, Geräusch- und Abgaswerten. Das 1981 vorgestellte Enduro-Modell S 51 E bestach durch ein Vierganggetriebe, eine elektronische Zündung, einen hochgelegten Schalldämpfer mit Wärmeschutzgitter, einen Sportlenker und verstellbare Federbeine. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1982 wurde die S 51 C präsentiert, die mit einem Drehzahlmesser, einem Seitenständer und einem Bremslichtschalter für die Vorderradbremse ausgestattet war.
Im Januar 1983 startete die Serienproduktion. Später im Jahr erfolgte der Produktionsbeginn der S 70, die wiederum als Leichtkraftrad eingestuft wurde. Zack auf Zack ging es 1985 mit der Entwicklung der neuen Roller-Generation als technische Ablöse für die Simson Schwalbe weiter. 1986 startete der SR50 in Serie, nur ein Jahr später ergänzt durch ein Modell mit Elektrostarter. Ein Kraftpaket bekommt die Roller-Serie mit dem SR 80, eingestuft als Leichtkraftrad, noch im gleichen Jahr dazu.
Im Jahr 1989 folgte die Serienüberleitung der /1 Modelle. Simson stellte alle Simson-Mokicks und Roller auf ein 12-Volt-Bordnetz um und rüstete sie größtenteils mit plastpulverbeschichteten Teilen aus. Während der Wende 1989/1990 wurde das volkseigene Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ Simson Suhl unter die Treuhandverwaltung gestellt. Es wurde formal in zwei Gesellschaften, die Simson Fahrzeug GmbH und die Jagd- und Sportwaffen GmbH, überführt. 1990 kommt die S 53 auf den Markt, ein in Form und Gestaltung verändertes Mokick, das dem modernen Zeitgeist angepasst wurde.
Der letzte Akt – das Ende einer Ära (1991 – 2002)
1991 erscheint die S 53 CX mit Rädern aus Aluminiumguss und Scheibenbremse. Doch infolge der politischen Veränderungen brach der Exportmarkt für Simson abrupt zusammen und auch die Inlandsnachfrage sank drastisch. Die Mehrheit der mittlerweile 4.000 Mitarbeiter wurde entlassen. Im März desselben Jahres wurde die Liquidation durch den Vorstand der Treuhandanstalt eingeleitet, was dazu führte, dass die Produktion zum 31. Dezember 1991 eingestellt wurde.
Ende 1991 schlossen sich ehemalige Mitarbeiter zur „Suhler Fahrzeugwerk GmbH“ zusammen und nahmen Anfang 1992 die Produktion unter dem bekannten Markennamen Simson wieder auf. Zu Beginn wurden die bekannten Typen mit geringfügigen Modifikationen weiterproduziert. Die beliebte 60-km/h-Version fiel weg, da die entsprechende DDR-Regelung, die Kleinkrafträder bis zu 60 km/h erlaubte, nicht im bundesdeutschen Recht übernommen wurde. Dennoch gelang es, eine begrenzte Produktion aufzubauen. 1992 bekam die S53 OR ihre Chance und es wurde das Lastendreirad SD 50 in die Produktion aufgenommen, um eine spezifische Marktnische zu bedienen. Ab 1993 wurden optische und technische Änderungen vorgenommen, die Modelle dem Zeitgeist angepasst und griechische Buchstaben als Modellbezeichnungen eingeführt, um die neuen Simson-Fahrzeuge von den Gebrauchtfahrzeugen abzuheben. Neuheiten waren die Einführung des SR 50 X im Jahr 1993 und Kooperation mit der Hotzenblitz Mobile GmbH & Co. KG. 3 Jahre lang wurde der „Hotzenblitz“ in den Fertigungshallen der Suhler Fahrzeugwerk GmbH hergestellt und danach aufgrund fehlender finanzieller Mittel eingestellt.
Zeitgleich wurde der Roller SR 50/1 optisch überholt und als SR 50/1 gamma produziert. 1994 folgten die Mokick-Modelle S 53 alpha und S 53 beta. Im gleichen Jahr ging der Elektroroller SR 50 E in Serie. Obwohl er technologisch seiner Zeit voraus war, konnte er aufgrund der ungleichen Qualität der verfügbaren Akkus nicht die gewünschten Erfolge erzielen. Aufgrund seines hohen Verkaufspreises von über 5.000 DM wurde er auch nur in geringen Stückzahlen verkauft. Simson wagte 1996 einen erneuten Versuch mit der bewährten und beliebten Vogelserie.
Der Star SRA 50, eine vollständig neue Entwicklung mit Triebwerks-Schwinge und Zentralfederbein, sollte zum neuen Verkaufsschlager auch in den westlichen Bundesländern werden. Auch der S 53 Habicht wurde als modernisierte Variante des S 53 in die Produktion aufgenommen. Die Einführung des Mofa-Rollers SR 50/1 MXG und des Mofa-Mokicks S 53 M alpha führte zu einer bedeutenden Belebung des Marktes. Allerdings verkauften sich die neu entwickelten Fahrzeuge schlecht. Sie wiesen verschiedene konstruktive Mängel auf und konnten nicht mit den bewährten DDR-Modellen konkurrieren. Zudem durften Jugendliche nun durch eine Änderung des Fahrschulrechts bereits ab 16 Jahren Motorräder bis 125 ccm mit begrenzter Leistung (15 PS) fahren. Dadurch brach der Markt für die Kleinkrafträder mit 70 ccm vollständig weg. 1997 wurde die "Simson Zweirad GmbH" mit Hilfe der TIB (Thüringer Industrie Beteiligungsgesellschaft) gegründet. Künftig ist diese verantwortlich für Marketing und Vertrieb sowie Neuentwicklung von Simson-Produkten. 1998 wagte Simson mit einer neuen Motorradentwicklung den Sprung in die 125er-Klasse. Die Hersteller stellen
Ihr neues Modell Schikra MS 125 vor, doch es traten erhebliche Probleme aufgrund zahlreicher Qualitätsmängel auf. Im Jahr 1999 wurde mit dem Fun Bike MSA 50 Spatz ein völlig neuer Marktsektor betreten. Dieses Fahrzeug erwies sich als äußerst vielseitig und passte perfekt für Freizeitaktivitäten, Caravaning, Campingausflüge, als zuverlässiges Fahrschulfahrzeug sowie als praktisches Gefährt für den Stadtverkehr. Eine besondere Anerkennung erhielt der Spatz durch den Gewinn des Designpreises Thüringen im Jahr 1999. Als reiner Einsitzer konzipiert wurde er allerdings nicht den erhofften Erwartungen gerecht. Im Jahr 2000 wurde die Schikra 125 Sport auf den Markt gebracht. Noch im gleichen Jahr musste die Suhler Zweirad GmbH Insolvenz anmelden.
Ein neuer Investor, das Engineering-Unternehmen KONTEC unter Geschäftsführer Klaus Bänsch, setzte die Produktion ab Juni 2000 unter dem Namen „Simson Motorrad GmbH & Co KG“ mit deutlich weniger Mitarbeitern fort. Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wurden weiterhin innovative Modelle wie der Insect, Schwalbe II, das Kick-Board Raven und ein Superbike Simson Hyper-Bike entwickelt. Nennenswerte Umsätze wurden mit den ambitionierten Entwürfen jedoch nicht erzielt. Im Gegenteil, Raven und Insect schafften es nicht über die Entwicklungsstufe der Funktionsmuster hinaus. Die Entwürfe zeigten eine klare Fehleinschätzung der tatsächlichen Marktnachfrage und der Möglichkeiten des Produktionsstandorts in Suhl. Fehler im Management führten zu ständigen Lieferproblemen. Auch das Image der Traditionsmarke litt durch den Vertrieb von billigen Importfahrzeugen unter dem Namen Simson. Mit überarbeitetem Design präsentierte sich Simson 2001 noch einmal auf den deutschen Leitmessen. Die Modelle SC und TS wurden durch die besten Komponenten aus Habicht, Sperber und Fighter entwickelt (die damit aus dem Sortiment gingen). Infolgedessen wurde auch der Roller Simson Star aus dem Programm genommen. Aufbauend auf dem Motorrad Schikra wurde das Modell 125 sowie das Modell 125 RS neu entwickelt und auf den Markt gebracht.
Zur Erweiterung des Angebots an sportlichen Motorrädern wurden Importmodelle wie das 125 SM und 125 GS von der französischen Firma "HRD" eingeführt. Am 01. Oktober 2002 wurde das Insolvenzverfahren über die Firma Simson Motorrad GmbH eröffnet. Die letzte Produktionsschicht endete am 27. September 2002.
Simson – ein zeitloser Trend (2003 – heute)
Im Februar 2003 erwarb die seit 1993 bestehende MZA (Meyer-Zweiradtechnik-Ahnatal) GmbH im Zuge der Zwangsvollstreckung den Großteil der Vermögenswerte von Simson, einschließlich Waren- und Lagerbestände, Produktionsvorrichtungen, Zeichnungs- und Urheberrechte sowie die Nutzung des Markennamens Simson. Obgleich wir heute auf Neufahrzeuge aus dem Hause Simson verzichten müssen, fand die Marke eine würdige Perspektive mit dieser Übernahme.
MZA widmet sich der Herstellung von Ersatzteilen für fast alle Simson-Modelle und setzt damit die Tradition der zuverlässigen Zweitakter – ganz im Sinne des Gestalters Karl Clauss Dietel – fort. Wenn auch Sie stolzer Besitzer eines dieser DDR-Mopeds sind, haben Sie also einen echten Ost-Schatz zuhause, mit dem Sie sicher noch lange Freude haben.
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